Dirk schrieb:
Kannst du mal Beispiele nennen?
Leider hatte ich in den letzten Tagen keine Zeit. Nun bin ich zurück und habe auch meinen Jet-lag einigermaßen überwunden.
Leider kann man im Rahmen eines Forum-Beitrags nicht alle Eindrücke beschreiben, von denen man da drüben teilweise überrumpelt wird. Zugleich kann meine kurzzeitige Erfahrung (knapp 1 Monat Aufenthalt) vor Ort nur für eine oberflächliche Meinungsbildung dienen.
Shanghai hat in China einen besonderen Status und kann meiner Ansicht nicht für die Bewertung eines chinesischen Durchschnitts herhalten. Unter den 20 Mio. Einwohner leben offensichtlich sehr viele reiche Menschen und eine sehr gut repräsentierte Mittelschicht. Dennoch liegt das Durchschnittseinkommen in der Gegend nur bei ca. 5.000 ¥ bzw. ca. 650 €. Das ist für das restliche Land schon ein sehr gutes Einkommen.
In dem staatlichen Betrieb, in dem ich den größten Teil der Zeit verbracht habe, war das Leben der Mitarbeiter sehr locker. Es passierte nicht selten, dass ein großer Teil der Werker vor sich hindösten und vor lauter Langeweile nicht mehr wussten was sie tun sollen. Mitdenken war auf der Eben eher selten bis gar nicht anzutreffen. Im Gegenteil dazu machten die Führungskräfte einen sehr verantwortungsbewussten Eindruck. Leider verbrachten Sie enorm viel Zeit in nicht mehr enden wollenden Meetings, deren Sinnhaftigkeit zwar bezweifelt aber als Regel im Hause nicht in Frage gestellt wurde.
Die umfangreich trainierten Arbeitsabläufe wurden sehr gut beherrscht und zügig durchgeführt. Alles andere wurde mit einer offensichtlichen Verunsicherung angegangen und eher mit zweifelhaften Ergebnissen abgeschlossen.
Die Menschen, mit denen ich auf allen hierarchischen Ebenen des Betriebes zu tun hatte waren sehr nett und gastfreundlich (es sei denn, man ließ den arroganten Europäer heraushängen). Im großen Ganzen ist der Unterschied zu den Europäern ausschließlich auf die kulturellen und gesellschaftsbedingten Eigenarten zurückzuführen.
Laut eigener Bewertung ist die Schulbildung sehr stark auf das Assimilieren von hohen Volumina an Lerninhalten ausgerichtet. Das eigenständige Arbeiten und die Förderung der Kreativität werden in der Schulzeit stark vernachlässigt.
Ich konnte bei einem großen Teil der Fachleute mit Ingenieurstudium ziemlich heftige Wissenslücken zu relativ einfachen Themen feststellen.
Aufgrund der „ein Kind“-Regel investieren die Eltern sehr viel Geld und Energie in die Ausbildung der Kinder. Das wird u.U. dazu führen, dass sich das Qualifikationsniveau in den nächsten Jahren schnell verbessert.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass bei einer überdurchschnittlichen Bezahlung des Personals, die Qualität von in China hergestellten Werkzeugen gut sein kann. Leider passiert es häufig, dass auch die Niederlassungen deutscher Unternehmen nur durchschnittliche Gehälter zahlen, die keine besonderen Motivationssprünge herbeiführen und qualitativ minderwertige Produkte als Ergebnis haben.
Gruß
daywalker