
H.-A. Losch
Moderator
Nach der im letzten Jahr angekündigten Produktionsverlagerung nach China ( www.werkzeug-news.de/Forum/ftopic12022.html ) meldete Metabo Anfang Juli eine scheinbar sensationelle Enwicklung. So sollen offenbar nach Zugeständnissen der Arbeitnehmer statt der geplanten 500 Stellen nur 180 Stellen abgebaut werden. Allerdings rechnet sich Metabo-Geschäftsführer Dr. Johannes Haupt schön, indem er die 220 Arbeitsplätze des ehemaligen Eletra Beckum-Werkes jetzt nicht mehr mit einbezieht. Die Vernichtung von 180 Arbeitspätzen sieht halt besser aus, als 400, um die es aber immer noch geht. Wenigsten hofft die Firmenleitung von Metabo auf einen Verkauf des Werkes an einen neuen Investor, der dann vielleicht die 220 Arbeitsplätze in Meppen erhält.
Hier die offizielle Pressemitteilung von Metabo. Eine Stellungnahme der IG Metall zu dem Deal liegt noch nicht vor.
Hier die offizielle Pressemitteilung von Metabo. Eine Stellungnahme der IG Metall zu dem Deal liegt noch nicht vor.
Entscheidende Einigung
Metabo: „Zukunftsorientierter Kompromiss“ für Standort Nürtingen / Umfassendes Verhandlungspaket / Beschäftigungssicherung bis 2013 / Kostenentlastung und Flexibilisierung / Künftig etwa 1.300 Mitarbeiter am Hauptsitz / Wichtige Schritte bei Konzept „Aufbruch 2010“ / 90 Mio. Euro Investitionen in drei Jahren
Nürtingen, 1. Juli 2008. „Die jetzt erzielte Einigung ist gut für den Standort Nürtingen und zugleich ein wichtiger Beitrag zur Zukunftssicherung des Gesamtunternehmens.“ So bewertet die Geschäftsführung der Metabowerke GmbH den aktuellen Abschluss der Verhandlungen mit Betriebsrat und IG Metall. Nach Aussage von Firmenchef Dr. Johannes Haupt wird damit ein „zentrales Kapitel“ des im September 2007 vorgelegten Strategiekonzeptes „Aufbruch 2010“ umgesetzt. Da es auch in weiteren Bereichen inzwischen konkrete Resultate bzw. positive Entwicklungen gebe, sieht sich der konzernunabhängige Elektrowerkzeugproduzent mit Blick auf die angestrebte langfristige Wettbewerbs-, Innovations- sowie Investitionsfähigkeit auf einem guten Weg. Trotzdem stehe man unverändert vor großen Herausforderungen. Sie beruhen nicht zuletzt auf den sich national und international verstärkenden Konjunkturrisiken sowie den von den Rohstoff-, Energie- und Währungsmärkten ausgehenden erheblichen Belastungen, betont der Vorsitzende der Geschäftsführung.
Umso bedeutsamer seien die nun für Nürtingen fixierten Vereinbarungen. Sie realisieren, erklärt Haupt, die von Anfang an unterstrichene Absicht, den Stamm- und Hauptsitz auch künftig als maßgeblichen Forschungs-, Fertigungs- und Verwaltungsstandort des Unternehmens zu erhalten. Die mit Betriebsrat und Gewerkschaft „nach außerordentlich schwierigen, mehrfach vom Scheitern bedrohten Verhandlungen“ getroffenen Regelungen sehen, wie es heißt, über 20 Einzelpunkte vor. Das Gesamtpaket stuft Haupt als „einen für alle Seiten akzeptablen und zukunftsorientierten Kompromiss“ ein. Er geht deshalb davon aus, dass auch die Bezirksleitung der IG Metall den Absprachen im Interesse der Mitarbeiter „zügig und in vollem Umfang“ zustimmt.
Erfolge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Zu den Kernelementen gehöre eine Beschäftigungssicherung für Nürtingen, die betriebsbedingte Kündigungen bis 2013 ausschließe. Die dafür erforderliche Personalreduzierung sei durch ein den Mitarbeitern Mitte Februar 2008 unterbreitetes Angebot zum freiwilligen Ausscheiden erreicht worden. Von der Möglichkeit zum Abschluss individueller Aufhebungs- bzw. Altersteilzeitverträge und zur Vereinbarung spezieller Vorruhestandsregelungen hätten in Nürtingen gut 100 Mitarbeiter Gebrauch gemacht, so dass es auch hier nicht zu betriebsbedingten Kündigungen gekommen sei. Das Entgeltniveau der Beschäftigten inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld bleibe unangetastet. Der Beitrag der Mitarbeiter zur Sicherung des Standortes konzentriere sich auf die Verschiebung und befristete Kürzung der Tariferhöhungen ab 2007. Beides werde in den Jahren 2011 bis 2013 schrittweise wieder korrigiert. Auch leitende Angestellte und die Geschäftsführung leisten den Angaben zufolge „gleichwertige Beiträge“.
Ferner gebe es keine Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Stattdessen sehen die Vereinbarungen zusätzliche, für das Unternehmen „besonders wichtige“ Flexibilisierungs-Elemente vor. Dazu zählen, erläutert Haupt, eine deutliche Ausweitung der Arbeitszeit-Konten sowie die Option zur Einführung eines Vier-Schicht-Betriebs. Weiterentwickelte Fertigungsmethoden sollen sowohl verbesserten Arbeitsbedingungen als auch höherer Produktivität dienen.
Vertriebslogistik: Neuer Haustarifvertrag bis 2016
In Summe führe der jetzt gefundene Kompromiss zu den benötigten Kostenentlastungen für Metabo. Dadurch sei es möglich, zwei Produktlinien bei Winkelschleifern und Schlagbohrmaschinen nicht nach Shanghai zu verlagern, sondern weiter in Nürtingen herzustellen und damit die entsprechenden Arbeitsplätze am Standort zu halten. Die Gesamtzahl der hier künftig tätigen Mitarbeiter beziffert Haupt auf etwa 1.300 (bisher 1.400). Dies schließe die komplette Vertriebslogistik ein, bei der es gelungen sei, ein Outsourcing zu vermeiden. Die Basis dafür schaffe ein neuer, sogar bis 2016 gültiger Haustarifvertrag, der u. a. ebenfalls mehr Flexibilität gewährleiste.
Eine weitere Regelung betreffe den Ausbildungssektor. Danach wird in Nürtingen die gegenwärtige Jahrgangs-Zahl von 20 Auszubildenden bzw. Berufsakademie-Absolventen auch für die Zukunft zugesichert.
Schließung in Laichingen – Perspektive in Meppen
Da die dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit von Metabo in starkem Maße von einem zukunftsorientierten Produktionsnetzwerk abhänge, müsse sich die Fertigung des gesamten Sortimentes als Konsequenz des Konzeptes „Aufbruch 2010“ auf die zwei Standorte Nürtingen und Shanghai konzentrieren. Bereits früh habe man deshalb die Schließung des Werkes in Laichingen (Schwäbische Alb) angekündigt. Sie erfolge spätestens Ende 2008. Eine mit Betriebsrat und Gewerkschaft abgeschlossene Vereinbarung regele die damit verbundenen sozialen Fragen. Auch hier gelang es laut Haupt, durch Aufhebungsverträge bzw. die Weiterbeschäftigung im Stammwerk Nürtingen betriebsbedingte Kündigungen der rund 80 Mitarbeiter zu verhindern. Zudem könnten alle Laichinger Ausbildungsverhältnisse in Nürtingen fortgesetzt werden.
Was den Firmenstandort in Meppen (Emsland) angehe, zeichne sich für die aktuell etwa 220 Mitarbeiter inzwischen eine positive Perspektive über die bis zum 31.12.2009 befristete Beschäftigungssicherungsvereinbarung hinaus ab. Die seit einiger Zeit intensiv geführten Verkaufsverhandlungen mit einem strategischen Investor sind „weit fortgeschritten“, hebt Haupt hervor. Daher seien die Chancen „durchaus realistisch“, kurzfristig zu einem Abschluss zu kommen.
Im Frühjahr 2008 habe der Elektrowerkzeugspezialist einen neuen Produktions-, Logistik- und Verwaltungsstandort in Shanghai in Betrieb genommen. Er spiele mit derzeit knapp 300 Mitarbeitern gerade vor dem Hintergrund der weiteren Internationalisierung eine wichtige strategische Rolle, da der gesamte asiatische Markt als die weltweit wohl dynamischste Wachstumsregion besondere Aufmerksamkeit verdiene.
Investitionen brauchen Ertragskraft
Für das Programm „Aufbruch 2010“ stellt die Einigung in Nürtingen einen „entscheidenden Durchbruch“ dar, resümiert Haupt. Sie zeige, dass verantwortliches Handeln im Interesse der Mitarbeiter und die unverzichtbare Rentabilitätssteigerung kein Widerspruch seien. Nur eine nachhaltig gestärkte Ertragskraft ermögliche z. B. die Finanzierung der nötigen Zukunftsinvestitionen. Sie belaufen sich den Planungen zufolge 2008 bis 2010 auf insgesamt über 90 Mio. Euro, die zum größten Teil in Forschung und Entwicklung, Innovationen sowie den Standort Nürtingen fließen sollen.
2008 rechnet Haupt mit einem „moderaten Umsatzwachstum“. Für 2007 stehe ein Plus von über 3 % auf 404 Mio. Euro (nach 392 Mio. Euro) zu Buche. Damit habe das Unternehmen mit insgesamt ca. 2.400 Mitarbeitern erstmals seit 2001 wieder die Marke von 400 Mio. Euro übertroffen. Stabil blieben danach der Auslandsanteil mit 80 % und die Inlandsquote mit 20 %. Analog zu den generellen Markttrends prognostiziert Metabo eine weiter steigende Bedeutung des Auslandsgeschäftes.