Kommentar: Transrapid - alles wieder auf Null?
ar - 25. September 2006. Ein schrecklicher Unfall ist auf der Teststrecke des Transrapid geschehen, Trauer beherrscht die ersten Berichte aus Ostfriesland. Aber mit einer schier unglaublichen Geschwindigkeit erhebt die Hydra der Technologie-Kritiker ihr vielköpfiges Haupt. Niemand hält es für angemessen, die Ergebnisse der Untersuchungen abzuwarten. Stattdessen schießen Spekulationen ins Kraut.
Ja, es könnte menschliches Versagen gewesen sein. Aber wichtiger als die Suche nach den Gründen ist es offenbar, die Technologie wieder einmal insgesamt in Frage zu stellen: zu teuer, zu schnell und völlig unnötig sei der Transrapid hört man nun wieder die Melodie, die seit mehr als zwei Jahrzehnten die Zukunft der Magnetschwebebahn behindert und in Deutschland bisher sogar verhindert hat. Aber immerhin hat man in dieser Runde auf das Argument verzichtet, die Kühe würden tot umfallen, wenn der Transrapid über ihre Weide braust.
Selbst die Politik lässt die Vermutung zu, die Technik der Bahn könne versagt haben. Nur zaghaft verweist Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee auf die Untersuchungen, formuliert diesen Hinweis aber so, dass die Gegner Grund zum Jubeln haben: Ja, man könne nicht ausschließen, dass es am Sicherheitskonzept des Transrapid Mängel gegeben habe. Man müsse das überprüfen. So trugen auch die Politiker dazu bei, dass interessierten und alternativen politischen Kreisen die Diskussion wieder auf Null gestellt wurde.
Sicher ist, dass das Sicherheitssystem der Teststrecke versagt hat. Aber glaubt denn wirklich irgendjemand, dass es deutscher Spitzentechnik nicht längst gelungen ist, Sicherheitskonzepte für den Transrapid so zu entwickeln, dass ein ähnlicher Unfall im Dauereinsatz der Schwebebahn kaum vorstellbar ist? Ist es denn nicht logisch, dass beim Einsatz mehrerer Züge im Linienverkehr auf einer längeren Strecke längst ganz andere Wege gefunden worden sind als für die einspurige Teststrecke In Ostfriesland? Selbst die Betroffenen längs der Teststrecke warnen nun davor, den Transrapid als unsicher zu diffamieren.
Es gibt nur zwei Nutznießer dieser Diskussion: unsere "Maschinenstürmer", die wieder eine Chance zur generellen Technologie-Kritik geboten bekommen haben, und die Chinesen, die nun noch härtere Verhandlungen über den Bau des Transrapid in China führen werden. Deren Interesse ist klar. Sie wollen möglichst umsonst an die Magnetbahntechnologie kommen. Man darf vermuten, dass dies der eigentliche Grund für die Reise einer chinesischen Delegation zur Unfallstelle war. Sie waren bestimmt nicht dort, um mit den Betroffenen zu trauen. (ar/Sm)
Von Peter Schwerdtmann