Generell stimmt das schon, dass die ganze Diskussion hier zu weit führt. Ich will auch gar nicht bestreiten, dass die von euch beschriebenen Vorteile des Online-Handels existieren und ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich mir noch nie Werkzeug (oder sonstwas) bestellt habe.
Aber… Dass die ganze Geschichte nur Vorteile hat, die Rechnung stimmt vielleicht aus Sicht des Einzelnen, der sich im Hier-und-Jetzt u.U. Geld, Zeit, etc. spart und zugleich rund um die Uhr auf eine kaum limitierte Angebotsbreite zugreifen kann. Jedenfalls wiegen die Arbeitsplätze, die durch den aktuell florierenden Online-Handel entstehen, die Arbeitsplätze, die durch die Egalisierung unseres Einzelhandels (von dem Phänomen ist ja nicht nur der Werkzeugsektor betroffen) wegbrechen, wohl eher nicht auf. Die Paketboten bleiben hier innerhalb einer Region vermutlich auch dieselben Personen, wobei ich es bezweifle, dass einige wenige Boten (plus die Arbeitsplätze, die für entsprechende Vorarbeiten im Rahmen der logistischen Gesamtabwicklung vonnöten sind) die Arbeitsplätze von X Personen aus dem sterbenden Einzelhandel aufwiegen.
Es mag auch stimmen, dass der Online-Handel für Einzelfälle eine Option für den weiteren beruflichen Werdegang oder die berufliche Reintegration darstellt. Dass jetzt jedoch der Umstand eintritt, dass durch den Niedergang eines kleinen Händlers vor Ort, welcher meinetwegen bisweilen mit Außendienstlern 12 Personen beschäftigte, 13 (inkl. Händler) neue Arbeitsplätze in Online-Handel und Logistik entstehen, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Das, was man hier im strukturschwachen Randgebiet jedenfalls beobachten kann, sind steigende Sozialausgaben und Teilnehmerzahlen in BFZ-Maßnahmen und nicht die Zunahme des Pro-Kopf-Einkommens.
Wie es um die Kernindustrie bestellt ist, die u.a. die wegfallenden Arbeitsplätze aus dem Handel kompensieren soll, brauchen wir glaube ich auch nicht diskutieren. Hier mag es in Ballungszentren durchaus noch etwas besser aussehen. Dass allerdings im Hinblick auf Gewinnmaximierung oder sonstige Motive zunehmend große Fertigungszweige ins Ausland verlegt werden und nur noch ein Bruchteil der ehem. Produktionskette am Standort verbleibt; man den Großteil eines MiG-Produktes importiert und das jeweilige Produkt hierzulande allenfalls noch mit ein paar wenigen Leuten zusammenfügt, um selbige Komposition so mit dem einstigen Qualitätssiegel versehen zu können; usw., ist denke ich auch nix Neues.
Wie diese Rechnung langfristig aufgehen soll und ob der momentan boomenden Online-Handeln in X Jahren mit entsprechend mit Kaufkraft bedient werden kann?
LVM schrieb:
Trotzdem möchte ich in keiner Stadt leben, in der es nur noch wenige od. teils keine Einkaufsmöglichkeiten (mehr) für die Güter des nicht-täglichen Bedarfs gibt.
Jep. Und genau da wohne ich mittlerweile… zumindest beinahe. Schaut auch wirklich super aus mit dem ganzen Leerstand in den Innenstädten/(-dörfern).
Besten Gruß aus dem strukturschwachen Gebiet, das gerade wieder Produktionszweige von ABM Greiffenberger nach Lublin (Polen) verlagert und geplant 200 Menschen die Option zur Karriere als Online-Händler eröffnet. Leider etwas schlechter als bei der BAT (British American Tobacco) in Bayreuth, wo 950 Personen Online-Händler werden können.