ESD Schuhe für Elektriker?

Diskutiere ESD Schuhe für Elektriker? im Forum Arbeitschutz und Arbeitssicherheit im Bereich Anwendungsforen - Servus, mir ist vor ein paar Tagen beim Engelbert ein Produkthinweis aufgefallen: Das ist jetzt in sofern blöd da wir im Betrieb gar nix anders...
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Servus,

mir ist vor ein paar Tagen beim Engelbert ein Produkthinweis aufgefallen:
ESD Schuhe sind NICHT für Elektriker geeignet, die an Quellen mit elektrischer Spannung arbeiten.

Das ist jetzt in sofern blöd da wir im Betrieb gar nix anders mehr als ESD-Schuhe bekommen. :oops:

Ich vermute der Grund ist das mit den leitfähigen Schuhen die Gefahr eines lebensgefährdenden Körperdurchströmung wieder steigt und deswegen statt ESD eben nur antistatische Schuhe zu tragen sind.

Kennt jemand die genaue Erklärung und vielleicht auch eine Quelle (DGUV)?


mfg JAU
 
Wenn du etwas suchst, findest du sofort, dass deine Erklärung korrekt ist und die isolierenden (nicht ESD oder antistatischen) Schuhe vor Körperdurchströmung schützen sollen. Stichwort elektrische Klasse 0 oder 00. Aber eine Quellenangabe dazu kenne ich nicht. Es gibt wohl irgendwelche EN-Normen, auf die ich aber keinen Zugriff habe.
 
Hi!

Ich habe dazu eine knappe Einlassung im KOMNET des Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen gefunden:

https://www.komnet.nrw.de/_sitetools/dialog/4185

Die machen sich das natürlich recht einfach mit dem Hinweis zur Gefährdungs-/Risiko-Beurteilung.

(Wobei es generell sicher richtig ist, dass man das Risko an sich erstmal richtig einschätzen/bewerten muss im jeweiligen Zusammenhang. Denn jemand der bei der Erfüllung seiner Aufgaben nie in die Verlegenheit kommt an/nahe zu Spannungsführenden Teilen zu arbeiten, für den ist das Risiko geringer, unabhängig davon ob er "Elektriker" ist oder nicht. Soviel zu "konstruierter Theorie" - meine Auffassung wäre eine andere)

Wäre also sicherlich eine gute Frage für den, der bei euch für Arbeitssicherheit zuständig ist. Wobei meine (Konzern)Erfahrung dabei ist: Wer viel fragt, bekommt viel Antwort und oft wird dabei weit übers Ziel hinausgeschossen und anschließend nicht immer zurückgerudert.

Hier gäbe es noch einen Artikel, kostenpflichtig zum Download, aber ich kann die Qualität (Quelle, Autor, Inhalt) nicht einschätzen.

https://www.elektropraktiker.de/nc/fachartikel/esd-sicherheitsschuhe-bei-elektroarbeiten/

Viele Grüße,
Oliver
 
the_black_tie_diyer schrieb:
(Wobei es generell sicher richtig ist, dass man das Risko an sich erstmal richtig einschätzen/bewerten muss im jeweiligen Zusammenhang. Denn jemand der bei der Erfüllung seiner Aufgaben nie in die Verlegenheit kommt an/nahe zu Spannungsführenden Teilen zu arbeiten, für den ist das Risiko geringer, unabhängig davon ob er "Elektriker" ist oder nicht. Soviel zu "konstruierter Theorie" - meine Auffassung wäre eine andere)
Deshalb sollte man zur Beurteilung eine entsprechende Fachkunde haben. Alles andere wäre sinnfrei (und gefährlich)
 
Einen Leitfaden der Gefährdungsbeurteilung zur Auswahl passender Berufs- und Sicherheitsschuhe hatte ich mal gefunden. Nur leider standen da keine Einschränkungen oder Anmerkungen bezüglich ESD mit drin.

Im kleinen Rahmen hab ich das bei uns schon angesprochen, meine Befürchtung ist vielmehr das es (eben aus den genannten Gründen) auf kleiner Flamme gekocht und dann vergessen wird.


ESD ist bei uns als Thema auch recht neu, problematisch finde ich da halt das die ESD-Beauftragte keinen Schimmer von Elektrik hat. Die hat mich bei den ersten Rückfragen meinerseits angeguckt wie ein Reh im Scheinwerferlicht...


mfg JAU
 
Als Ergänzung würde ich noch hinzufügen, dass ESD-Schuhe nicht beliebig niederohmig sein dürfen. Es gibt nicht nur einen Maximalwert von 35 Megaohm, sondern auch einen Mindestwert von 100 Kiloohm (gemäß EN 61340-5-1). Es gibt auch sogenannte leitfähige Schuhe, die dann einen niedrigeren Widerstand aufweisen dürfen. Die sind aber recht unüblich - mir sind zumindest noch keine begegnet. Das sind dann aber auch keine ESD-Schuhe mehr.

Theoretisch ergeben sich an der unteren Grenze somit 230 V / 100 kOhm = 2,3 mA. Positiv ist somit zu sehen, dass es einen strombegrenzenden Widerstand ist. Negativ ist anzumerken, dass das schon richtig weh tut. :mrgreen:
Wir sind allerdings bei gut 2 mA noch im Bereich unterhalb der Loslassschwelle. Eine Gefahr von Herzkammerflimmern nimmt man (bei einem gesunden Erwachsenen) bei 10 mA über einen längeren Zeitraum (mehrere Sekunden) an.
Das kann aber alleine sowieso keine Grundlage für eine Gefährdungsbeurteilung sein. Elektriker arbeiten schließlich nicht nur im Stehen mit einer Hand in der Tasche, sondern auch im Knien, auf einer Aluleiter stehend (mit einer Hand an der Leiter), mit einer Hand am geerdeten Wasserrohr, ...
Von wenigen Ausnahmen wie dem Arbeiten unter Spannung abgesehen ist das erhöhte Risiko durch ESD-Schuhe vermutlich überschaubar. Trotzdem muss das jemand vor Ort bewerten, der die Arbeitsabläufe kennt.
und deswegen statt ESD eben nur antistatische Schuhe zu tragen sind.
Für antistatische Schuhe gilt der selbe untere Grenzwert von 100 kOhm, nur der obere Grenzwert ist mit 1 Gigaohm deutlich höher.

Als Beispiel: Bei uns in der Produktion gilt wegen empfindlicher Elektronikbauteile überall ESD-Pflicht mit Ausnahme der Arbeitsplätze für die Hochspannungsprüfung (bis 4 kV). Dort ist es aus Sicherheitsgründen explizit vorgeschrieben, den ESD-Kittel abzulegen. Die Schuhe sind allerdings egal, weil dort eine isolierende Bodenmatte verlegt ist.
 
Dev schrieb:
Elektriker arbeiten schließlich nicht nur im Stehen mit einer Hand in der Tasche, sondern auch im Knien, auf einer Aluleiter stehend (mit einer Hand an der Leiter), mit einer Hand am geerdeten Wasserrohr, ...
Schaltschrank ist ja auch immer rundum Stahlblech, niederohmig zum Potentialausgleich.

Was die Leiter angeht haben wir teilweise die schweren Teile mit GFK-Holm. Eben aus Gründen Strom und so.


mfg JAU
 
the_black_tie_diyer schrieb:
Wäre also sicherlich eine gute Frage für den, der bei euch für Arbeitssicherheit zuständig ist. Wobei meine (Konzern)Erfahrung dabei ist: Wer viel fragt, bekommt viel Antwort und oft wird dabei weit übers Ziel hinausgeschossen und anschließend nicht immer zurückgerudert.

So ist es.
Aktuelles Beispiel bei uns, das zwar nichts mit ESD und Schuhen zu tun hat:
Bis 31.12. muss nach einer EU-Verordnung in jedem Bereich fuer Schwangere und Mitarbeiterinnen im Mutterschutz eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. Dazu müssen die Mitarbeiter jährlich zu dem Thema unterwiesen werden. Bei uns in JEDEM Bereich/Meisterei.
Nur haben gar keine Frauen im Team...
Allenfalls ein paar scheinschwangere Männer :ducken:

PS
 
powersupply schrieb:
Dazu müssen die Mitarbeiter jährlich zu dem Thema unterwiesen werden. Bei uns in JEDEM Bereich/Meisterei.
Glaube ich nicht - das wird keinen gesetzlichen Hintergrund haben.
 
Darum das Zitat mit "weit übers Ziel hinausgeschossen und(bislang) nicht zurückgerudert"
Ist diese Woche so bei uns aufgeschlagen.

PS
 
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