@ caradera:
Mir ging es bei den Notsystemen - auch im Medizinbereich - vor allem um die Geräte, die für Not- und Katastrophenfälle vorgehalten werden, u.a. auch im militärischen Bereich.
Daß der normale Notarzt in seinem nahezu täglich verwendeten und vermutlich einigermaßen neuen Geräten moderne Akkutechnologien nutzen darf, ist ja wunderbar.
Aber in anderen Bereichen kann man die Technik nicht in kurzer Zeit komplett ersetzen. Du würdest Dich wundern, was z.B. THW, Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr etc. in Depots für den "Ernstfall" (das muß kein Krieg sein) bereit halten. Das ist eine Menge Zeug und wurde in vielen Jahren angeschafft. Das fängt bei Taschenlampen an und geht über Telekommunikation, Gasanalysegeräte, Geigerzähler, medizinische Geräte... - es gibt eine Menge Zeug, was man hoffentlich nie braucht und trotzdem haben muß.
Nach und nach ersetzen ist natürlich richtig. Kurzfristig austauschen, um politisch korrekt Kadmiumfreiheit melden zu können, geht wieder massiv auf Kosten des Steuerzahlers. Deshalb gibt es da eine "Notbremse", die offenbar Leute mit Vernunft durchgesetzt haben.
Mit dem Umrüsten bestehender Geräte ist es gerade in diesem Bereich so eine Sache. Vieles hat Bauartzulassungen und ist irgendwann einmal aufwendig geprüft worden. Mal eben andere Akkus einbauen ist also auch abgesehen von der Anpassung der Ladetechnik nicht so einfach bzw. verursacht hohe Kosten.
Sicher hat man da auch aus dem Quecksilberverbot für Primärzellen gelernt. Da gab es eine Menge unerwarteter und teurer Probleme. Ich hatte vor Jahren mal ein Projekt in dieser Richtung. Nach ausführlicher Abwägung der Vor- und Nachteile sind es dann Bleigel-Akkus geworden. Deren Wartungsladung und Prüfung erfolgte übrigens kontaktlos durch die Folienverschweißung. Vorgesehene Lebensdauer: 10 Jahre, wenn die Tests nichts anderes ergeben oder ein Einsatz erfolgt.
Bei Alarmsystemen gibt der VdS (Verband der Schadensversicherer) vor, welche Akkus als geprüft unter welchen Randbedingungen benutzt werden dürfen. Wer seine Alarmanlage mit nicht geprüften Akkus puffert oder auch nur die Wartungszyklen vernachlässigt, gefährdet seinen Versicherungsschutz.
In anderen Bereichen wie Medizintechnik oder Explosionsschutztechnik muß bei der Verwendung nicht zugelassener Akkus mit harten rechtlichen Konsequenzen rechnen.
Bei manchen Geräten ist es durchaus akzeptabel, wenn bei der Aktivierung die Akkus erst einmal leer sind. Aber sie müssen sich in kurzer Zeit laden lassen.
Welches andere Akkussystem kann das leisten, ohne andere gravierende Nachteile mit sich zu bringen?
Auch interessant ist die Einsatzfähigkeit bei sehr tiefen Temperaturen. Wenn man die wegläßt, kommen am ehesten Bleiakkus in Betracht. Blei ist aber auch ein Schwermetall und giftig.
Ich bin sicher kein Fan von "alten" Akkutechnologien und fortschrittsfeindlich. Aber als Entwickler sehe ich es nicht gern, wenn meine Optionen eingeschränkt werden, ohne daß das wirklich erforderlich wäre.
Wenn die Leute aus Dummheit oder Ignoranz das Rückführungssystem nicht ausreichend nutzen, ist das natürlich ein Problem, soweit es NiCd-Zellen betrifft. Die Frage ist, in welchem Umfang das tatsächlich zutrifft und nicht auf ein akzeptables Maß verringert oder durch Nachbehandlung des Restmülls abgefangen werden kann. Da sind schließlich potentiell noch weitaus gefährlichere Substanzen enthalten und teuer genug ist die Müllentsorgung in Deutschland schließlich auch.
Die von Dir verlinkte Studie vermutet viel und dient wohl hauptsächlich zur Anfütterung für einen fetten Folgeauftrag.
Bei einer Lebensdauer von oft > 10 Jahren und einer parallel stattfindenden starken Verschiebung der Marksituation sind Verhältnisberechnungen zwischen Inverkehrbringung und Rücknahme natürlich sehr vage. Die m.E. einzige verwertbare statistische Basis wären die stichprobenartig aus dem Müll aussortierten Zellen.
Die statistische Basis ist offenbar gering. Die Erhebung kostet schließlich Geld. Statt dessen wird pseudowissenschaftlich mit aus Lehrbüchern abgeschriebenen Statistikberechnungen herumgefummelt, bei denen zum Schluß die entscheidenden Parameter doch sehr grob geschätzt werden müssen. Einerseits macht man auf physikalisch korrekt mit "Mg" und andererseits redet man von NiCd-Batterien - zuweilen nur von Batterien. Auf die magnetische Fraktionierung in dem Müllsortierungsanlagen geht man zwar ein - nicht aber, wieviel abgeschieden und wieviel tatsächlich in die Verbrennung gehen. Dazu hätte man sich ja auch richtig die Hände dreckig machen müssen. Dann wäre die Abscheidung in der Rauchgasreinigung interessant. Unklar bleibt auch, welchen Anteil NiCd-Akkus an Gesamtemission von Kadmium haben und wie die sich aufteilt (Luft, Wasser).
Das alles wirkt auf mich zumindest beim schnellen Querlesen nicht gerade vertrauensfördernd. Ggf. nehme ich mir dafür noch mal etwas mehr Zeit bzw. gehe entsprechenden Hinweisen von Dir nach.
Bedenke auch immer die eherne Gutachtenregel: Es steht meistens drin, was der Auftraggeber geht sehen will...
Andere Abfallfraktionen:
Eletronikschrott:
Den sehe ich außer Konkurrenz. Der wird nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen sehr auswendig aufbereitet. NiCd-Akkus dürfen da auch enthalten sein und eine korrekte Handhabung ist sichergestellt.
Sperrmüll:
Das ist immer noch eine ziemliche Umverteilungsaktion. Vieles brauchbares, was man nicht mehr haben will, wird zum Sperrmüll gestellt - wohl wissend, daß es da nicht unbedingt hingehört und es sehr wahrscheinlich vor Eintreffen des Entsorgungsfahrzeuges wieder "weggefangen" wird. Je nachdem, wie es die Kommune handhabt, ist Eletronikschrott in der Sperrmüllsammlung durchaus erlaubt und wird schon bei der Abholung getrennt.
Wenn man also z.B. bei der Untersuchung des Sperrmülls einen Akkuschrauber mehr oder weniger findet, dürfte sich das gravierend auf die Zahlen auswirken. Die Wahrscheinlichkeit, daß der Akkuschrauber zusammen mit einer alten Couch in die Müllverbrennung wandert, ist wohl nicht besonders hoch.
PVC:
Dieser Kunststoff mit insgesamt hervorragenden Eigenschaften wird nach wie vor in vielen Bereichen verwendet und ist da auch kaum sinnvoll zu ersetzen. Die Produktion von PVC nimmt weltweit auch immer noch zu. Von den kadmiumbasierten Stabilisatoren hat man sich (zumind. in der EU) schon vor Jahren verabschiedet.
PVC hat ökologisch auch durchaus seine positiven Seiten: Die Herstellung ist einfach, kostengünstig und mit vergleichsweise geringem Energiebedarf machbar. Die Produkte sind prinzipiell langlebig. PVC wird auch ohne zusätzliche Stabilisatoren kaum durch UV-Licht zersetzt. Auch die Beständigkeit gegen Chemikalien ist sehr gut. Theoretisch ist eine sehr weitgehende stoffliche Wiederverwendung möglich. PVC kann gut geklebt werden, so daß auch vieles wirtschaftlich sinnvoll repariert werden kann, was man bei Verwendung von PE kaum instandsetzen kann - interessant z.B. bei (großen) Behältern. PVC ist auch sehr gut schweißbar.
Die Hetzjagd der oft nur schmalbandig informierten Ökos auf PVC resultiert wohl hauptsächlich aus seinem Chloranteil, der bei der Verbrennung als Salzsäure in den Rauchgasen frei wird. Bei Bränden in geschlossenen Räumen ist das eine gefährliche Sache. Dazu gibt es noch Dioxine, Furane und andere ungesunde Scheußlichkeiten - z.T. bedingt durch die zugesetzten Weichmacher. Aber wenn andere Kunststoffe mit vergleichbaren Eigenschaften brennen, wird das auch kein Luftkurort. Am besten schneiden diesbezüglich PE und PP ab, die sich nicht zuletzt deshalb im Verpackungsmittelbereich durchgesetzt haben. Für technisch anspruchsvolle Anwendungen sind sie aber kaum nutzbar. Wenn man PVC technisch in etwa gleichwertig ersetzen will, landet man also mindestens bei ABS, Polyamiden oder Polyester.
Gruß
Thomas